Ich habe volles Verständnis dafür, wenn jemand einen unverbauten Bergblick über eine grüne Wiese geniessen will. Mit der Frage, was gut ist für Chieming oder nicht, hat dies jedoch wenig zu tun.
Chieming "stirbt" mit und ohne Lidl. Dies ist mein Eindruck der letzten 28 Jahre als Kunde in Chieming.
Eine große Anzahl Geschäfte hat in den letzten Jahren in Chieming geschlossen. Es gibt kein "Kaufhaus" Berger mehr im Ortskern, zwei Antiquitätengeschäfte haben geschlossen - jetzt schließt auch noch das letzte Trachtengeschäft, das überregional Käufer angezogen hat.
Wenn ein Ortskern, abgesehen von einer hervorragenden Metzgerei, dem Bäckerei-Angebot und einem erstklassigen Edeka, aber erst einmal "Einkaufs-Wüste" ist, kommt niemand mehr nach Chieming zum Einkaufen, einfach weil es kein attraktives Angebot mehr gibt, weder für den gezielten, noch für einen Spontan-Kauf.
Verschliessen wir nicht die Augen vor der Tatsache, dass viele Mitbürger (auch im besser situierten Chiemgau) auf das günstige Angebot von Discountern ange-wiesen sind. Vielleicht besuchen aber die Lidl-Kunden aus dem Umland, die heute nach Traunstein oder Traunreut fahren zumindest für das Frische-Angebot bei Lebensmitteln wieder den Ortskern. Konkurrenz belebt das Geschäft, vor allem, wenn das innerörtliche Angebot attraktiv ist, weil frisch, weil Bio oder weil die Blumen liebevoll gebunden werden.
Es gilt, Anreize zu schaffen, dass Menschen aus der Umgebung von Chieming oder Gäste der Region einen Grund haben, Chieming auch wieder als Einkaufsstätte auf-zusuchen. Dies hat etwas mit einer anscheinend leider fehlenden vorausschauenden Ortsentwicklung auch durch die Politik zu tun.
Tendenziell wird hier ein neuer Markt eher helfen als schaden. Letztlich haben auch bei mir in Seebruck HL/MiniMal nicht geschadet, abgesehen davon, dass auch hier leider der Non-Food-Einzelhandel mangels gezielter Förderung auf der Strecke geblieben ist.
Mein Fazit: man sollte froh sein, wenn sich ein zzgl. Gewerbe in Chieming ansiedelt. Wer aus persönlichen Interessen dagegen ist, sollte dies offen bekennen und nicht mit Scheinargumenten versuchen, zu emotionalisieren.
zwei Sätze in Ihrem Beitrag (es handelt sich um den ersten und den letzten Satz) kann ich nicht einfach kommentarlos so stehen lassen.
Wie die Befürworter des Lidl-Marktes schon seit längerem, versuchen auch Sie hier den Eindruck zu erwecken, als ob es nur persönliche Gründe der direkt Betroffenen (= Grundstücksnachbarn) wären, die gegen die Ansiedlung eines Discounters sprechen.
Vor kurzem wurden jedoch einige Hundert Unterschriften von Gemeindebürgern aus allen Ortsteilen an den Bürgermeister übergeben. Und diese vielen Gemeindebürger treibt mit Sicherheit kein „persönliches Interesse“ an sondern die Sorge um all die negativen Begleiterscheinungen, die ein Discounter an diesem Standort mit sich bringen würde!
Muss jetzt auch noch ein Gewerbegebiet Egerer III entstehen? Durch den Lidl Discounter auf der Goriwiese samt den zwei kleineren Wohnhäusern mit angeschlossenem Gewerbetrieb würde der gesamte Nordteil des Ortes zu einem großen Gewerbegebiet mit eingesprengter Wohnbebauung.
Das Luftbild zeigt: die bestehenden Gewerbegebiete sind bereits heute größer als die Wohnsiedlung. Dazu kommen die Umweltbelastungen, vor allem durch den Schwerkraftverkehr.
Statt die ländliche Siedlung kurzsichtigen wirtschaftlichen Interessen zu opfern, sollte auf der Goriwiese durch eine ansprechende Wohnbebauung eine qualitätvolle Ortsentwicklung gefördert werden. Das wäre richtig für Egerer und für die gesamte Gemeinde Chieming.
Deshalb unterstütze ich das Bürgerbegehren „Kein Discounter in Chieming“.
Ich würde gerne etwas zu den angeblichen persönlichen Interessen sagen, die leider in dem Beitrag unterstellt wurden. Meine Mutter ist angesehene Künstlerin in der Region und die Gemeinde hat vor Jahren ein Bild von ihr gekauft. Es hängt im Gemeindesaal. In einem Schreiben an Herrn Benno Graf habe ich geschrieben, daß ich am liebsten ein schwarzes Tuch über das Bild hängen würde. Weil es wie das Mahnmal einer unverfälschten Natur wirkt. Sie werden dort vergeblich große Ansammlungen von Häusern,Straßen,Autos, Gewerbegebiete,Einkaufszentren,Mülltransporter suchen. Das Engagenment unserer Familie, bereits in der dritten Generation, gehört einer unvergleichlichen Landschaft und richtet sich gegen die systematische Zerstörung, die durch die ungehemmte Verbreiterung von Gewerbegebieten gefördert wird.
Ich finde es nicht in Ordnung, daß Sie persönliche Motive unterstellen. Mein persönliches Motiv ist die Liebe zu einer Landschaft, die von denen zerstört wird, die sie zu bewahren haben. Und mein Engagement richtet sich gegen die, die diese Zerstörung zu verantworten haben.
ich wohne in Lauf, einer kleinen Gemeinde am Rande des Nordschwarzwalds, vergleichbar mit Chieming in Größe, Nähe zu 2 Kleinstädten und Tourismusaspekten.
Auch hier sind in den letzten Jahren eine Reihe von Einzelhandelsgeschäften ‚eingegangen’. Allerdings hat es gleichzeitig der Leiter unseres Edekamarktes im Ortskern verstanden, diesen nach und nach zu vergrößern. Inzwischen ist das Geschäft auch für viele Bürger aus umliegenden Gemeinden attraktiv, die die Fahrt in die Stadt und die Gewerbegebiete scheuen bzw. das Angebot der Discounter nicht schätzen. Das Einkaufsverhalten vieler Bürger hat sich verändert, davon profitieren auch die ebenfalls im Ort gelegenen Bäcker, Metzger und ‚Hofläden’ (Direktvermarktung von Bauern).
Dass sich ein ähnliches Verhalten bei der Ansiedelung eines Discounters im Außenbereich des Ortes entwickelt hätte, wage ich stark zu bezweifeln.
Natürlich fahre auch ich, wie viele anderen Bürger, gelegentlich für einen Großeinkauf zu einem Discounter. Meine Einkäufe dort erledige ich so gezielt und schnell wie möglich. Danach habe ich normalerweise keine Lust zu einem ‚Ortsbummel’ durch andere Geschäfte, schon gar nicht, wenn ich dafür erneut an eine andere Stelle fahren (und auch parken) müsste. Eine Ausnahme bilden Einkäufe in Geschäften, die ich im Dorf nicht finde, und für die ich mir eine erneute Anfahrt in die Stadt ersparen möchte.
Im Übrigen leben in unserer Gemeinde immer mehr ältere Menschen (ein ständig wachsender Anteil unserer Bevölkerung), die nicht mehr so mobil sind und für die eine Fahrt zu einem Discounter – egal ob 2 km oder 10 km entfernt - nicht mehr durchführbar ist. Was würden sie machen, wenn auch der Edekamarkt im Ort aus Konkurrenzdruck aufgeben müsste?
Ich gehe davon aus, dass Sie RA Dr.jur.Peter Lämmerhirdt mit einer Anwaltskanzlei in Frankfurt/Main sind und die Eigentümerin der „Goriwiese“ Ihre Mandantin ist. Insofern kann man Ihre Ausführungen, zumindest bezüglich des ersten und letzten Absatzes, als „voreingenommen“ betrachten. Vielleicht hat das mit der Frage, was gut für Chieming oder Ihre Mandantin ist, etwas zu tun.
Da jedoch einige Passagen durchaus diskussionswert sind, möchte ich erwidern:
1.Ca. 1979/80 wurde ein Bebauungsplan für die Goriwiese– bis dahin „Grünland“ – aufgestellt. Dieser sah 4 Einfamilienhäuser (es könnten auch 8 sein) vor. Das Thema „unverbauter Bergblick mit grüner Wiese“ war damit, ohne Opposition, schon erledigt. Im Gegenteil: Mit diesem Plan verband sich eher die Hoffnung auf ein geschlossenes Wohngebiet mit der Eigenschaft einer Ortsdurchfahrt auf der Staatsstraße.
Die Gemeindeverwaltung stellt mit Schreiben vom 13.08.04 ausdrücklich fest:
“Nach dem Planungswillen der Väter des Bebauungsplanes „Egerer“ wurde das Gebiet nördlich der Staatsstraße ausschließlich deshalb als Mischgebiet ausgewiesen, um die beiden damals vorhandenen Betriebe des Gasthofes Goriwirt bzw. des Agrarlagerhauses Billinger im Bestand zu erhalten. Es gehörte jedoch auch zum Planungswillen, das gesamte Grundstück FlNr.1400 der Gemarkung Chieming Wohnbauzwecken zuzuführen.“
Übrigens eine erhebliche Wertsteigerung für das „Grünland“.
2. Ihr Eindruck als „Wahl-Seebrucker“ ist, dass Chieming stirbt. Sie führen als Beweis an, dass 2 Antiquitätengeschäfte (eins durch Todesfall) und nun auch das Trachtengeschäft geschlossen haben. Inzwischen sind aber auch eine Reihe anderer Geschäfte wieder dazugekommen. Hat sich nun in den letzten Jahrzehnten die Versorgung der Einwohner mit den täglichen Bedarfsgütern verschlechtert? Kann man wirklich von Unterversorgung sprechen? Ein Begriff übrigens, der erst die Runde macht, seit Lidl die Goriwiese entdeckte. Eine „Einkaufswüste“ entsteht nicht, weil ein Discounter fehlt, sondern eher, weil er angesiedelt wird. Und was dem ersten erlaubt wird, kann dem zweiten nicht verwehrt werden. Innenstädte und Dörfer sterben durch die Lidl- und Aldi-sierung aus.
3. Wer wirklich glaubt, auf sogenannte „Billig-Angebote“ von Discountern angewiesen zu sein wird auch weiterhin nach Traunstein oder Traunreut fahren und dies mit anderen Einkäufen im Nicht-Lebensmittel-Bereich verbinden. Es ist jedoch realitätsfern anzunehmen, dass ein Discounter – dazu noch 2 km vom Ortszentrum entfernt – dem Dorf zu neuer Blüte verhilft.
4. Sie beklagen“ die leider fehlende vorausschauende Ortsentwicklung durch die Politik“. Deshalb fordert die Bürgerinitiative eine nachhaltige Entwicklung ohne Discounter in Chieming.