Brauchen wir noch eine regionale Nahversorgung ?
Wieder einmal erhitzen sich im Chiemgau die Gemüter
um die Ansiedlung eines Großflächen-Discounters in
einer Orschaft, die sich bisher durch traditionell
gewachsene dörfliche Strukturen auszeichnet. Nach
dem Bürgerentsched 2004 in Grassau, bahnt sich nun
in Chieming ein Bürgerbegehren zum gleichen Thema an.
Es sei denn, der Chieminger Gemeinderat macht sich die
Lehren aus der Achentalgemeinde zu Nutze und wägt Soll
und Haben einer Großflächenansiedlung, wie sie ein Dis-
counter darstellt für das Gemeinwohl seiner Bürger ab.
Jedes Jahr verschwinden 30.000 inhabergeführte Einzel-
handelsgeschäfte unwieder-bringlich. Sie waren bisher
die tragenden Säulen für eine regionale Nahversorgung
und dies oft über mehrere Generationen hinweg.
In einer Zeit jedoch, wo nur noch der Preis und nicht
mehr der Wert zählt werden letzlich nun auch ländliche
Strukturen, die über Jahrzehnte Lebensart und Lebens-
qualität gewährleistet haben einem gnadenlosen Primat
der Gewinnmaximierung geopfert. Hierfür stehen die über-
regionalen Discounterketten von ALDI über PLUS bis LIDL
(Kauflandstiftung). Ausgerechnet die Discounter sollen
nun als Allerheilmittel gegen ene drohende Verödung der
Ortskerne herhalten.
Dabei ist das erklärtes Ziel der Billiganbieter die Ver-
kürzung der Wertschöpfung, d,h. der Region Kaufkraft zu
entziehen, um diese woanders profitabler investieren zu
können. Dies fällt diesen um so leichter, da sie als
„Global Players“ auf die lokalen Absatzmärkte nicht beim
Einkauf ihrer Waren angewiesen sind. Damit sind sie in
-der Lage eine rücksichtslose Kostenminimierung bei
Lieferanten, wie Personal durchdrücken zu können.
Es gilt das Motto: weniger Kosten auf Kosten von Beschäf-
tigung, Qualität und Vielfalt.
Eine komfortable Ausgangssituation, die durch die Tatsache
noch gesteigert wird, daß Bilanz nicht vor Ort, sondern in
den Konzernzentralen gezogen wird, - steuerbegünstigt natürlich.
Dem kann der Einzel(-kämpfer)händler vor Ort nicht gewachsen
sein und was Wunder, wenn er schließlich resigniert das Handtuch
wirft bzw. potentielle Nachfolger vor soviel Chancenungleichheit
zurückschrecken und ihr Heil sprich Existenz woanders suchen.
Nicht Marktwirtschaft wird hier praktiziert, sondern eiskalte
Marktmacht.
Auf der Strecke bleibt die regionale Nahversorgung als Garant
für Produkte, die in der Region erzeugt werden und ihren Bewohnern
Lohn und Brot, werthaltige Nahrung und Vielfalt garantieren.
Die persönliche Beziehung zwischen Erzeuger und Verbraucher wird
durch die Anonymität von Massenprodukten ersetzt.
So könnte der Preis, den das vermeintliche Schnäppchen beim Discounter
kostet unerwartet hoch sein und mit Arbeitsplatzverlust und Verarmung
bezahlt werden müßen.
Das ist bereits woanders geschehen und wird im Chiemgau nicht anders sein.
Bevor bei der Ortsentwicklung auf auswärtige Interessen(-ten) gesetzt
wird, sollten die lokalen Potentiale mobilisiert werden. Dies ist im
wahrsten Sinne des Wortes nahe-liegend und hält die Region vital.